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Schulen

3. Sanierungsstau an Schulen beenden

Laut einer Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau betrug der Sanierungsstau an deutschen Schulen im Jahr 2019 sagenhafte 42,8 Milliarden Euro. An vielen Schulen hat nicht nur das WLAN Abdeckungslücken, sondern auch das Dach. Zwar hat der Bund, zum Beispiel im Rahmen des Digitalpakts, den Schulen mehr Mittel zur Verfügung gestellt, doch fällt es diesen nicht zuletzt aufgrund bürokratischer Hürden schwer, diese auch abzurufen. Zudem sorgen kleinteilige Regeln dafür, dass Schulen oft nicht dort investieren können, wo eigentlich Bedarf besteht. Im schlimmsten Fall werden dann unnötige Investitionen getätigt, um das Budget auszuschöpfen, während die eigentlichen Mängel nicht behoben werden.

Es ist daher ein umfangreiches Rettungspaket für Schulen nötig, welches Kommunen und einzelnen Schulen mehr Freiräume bei der Nutzung von Mitteln aus dem Bund ermöglicht. Dabei ist es entscheidend, neben kurzfristigen Hilfen auch langfristige Lösungen in den Blick zu nehmen und sicherzustellen, dass das finanzielle Fundament der Kommunen stabil bleibt. Neben finanziellen Aspekten spielt vor allem der Abbau von Bürokratie, beispielsweise bei der Vergabe von Bauaufträgen eine Rolle, damit vorhandene Mittel schnell und sinnvoll eingesetzt werden können. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe muss es einfacher möglich werden, sich an öffentlichen Sanierungsprojekten zu beteiligen, ohne an zu hohen Hürden des Vergaberechts zu scheitern. Eine zentrale Agentur des Bundes kann dabei helfen, die Vergabeverfahren zu vereinfachen und Schulen in die Lage zu versetzen, Fördermittel sinnvoll einzusetzen.

4. Schule als agiles und dynamisches Ökosystem denken

Das deutsche Bildungssystem ist ein schwerer Tanker. Dies zeigt sich besonders deutlich an den Schulen selbst. An deren Strukturen und Hierarchien klebt oft noch der Ruß des wilhelminischen Industriezeitalters. Die Schule der Zukunft dagegen ist nicht nur Lehr-, sondern auch Lernbetrieb. Sie hat sich ständig intelligent und dynamisch stets wechselnden Rahmenbedingungen anzupassen und muss rasch neue Erkenntnisse aufgreifen und moderne Unterrichtstechnologien übernehmen. Sie reagiert flexibel auf neue Herausforderungen und schafft Freiräume für motivierte Lehrkräfte, interessierte Schülerinnen und Schüler sowie engagierte Eltern. Der Schlüssel hierzu liegt in den Schulleitungen, die endlich als das gesehen werden müssen, was sie schon lange sind: Führungskräfte und Manager von mittelgroßen Organisationen.

Damit Schulen zu dynamischen Ökosystemen werden, in denen Lehrkräfte und ihre Klassen ihr ganzes Potenzial entfalten können, müssen Schulleiterinnen und Schulleiter entsprechend unterstützt werden. Dazu braucht es Managementfortbildung und Führungskräfte- trainings ebenso wie einen kompetenten Stab an Verwaltungsfachkräften, IT-Support sowie medizinischem und psychologischem Fachpersonal an den Schulen. Es muss leichter werden, externe Dienstleister in den Schullalltag einzubinden, damit jede Schule genau auf die Ressourcen zurückgreifen kann, die sie benötigt. Auch viele Unterrichtsinhalte lassen sich am besten an außerschulischen Lernorten vermitteln. Hier müssen die Schulen zeitliche und finanzielle Freiräume erhalten, um den Kindern ein ausdifferenziertes Bildungserlebnis ermöglichen zu können.

Die Gesellschaft hat ein Interesse daran, Schule wie ein Start-up zu denken. Gute Ideen sollen in der Praxis ausprobiert und getestet werden. Was funktioniert, wird skaliert. So können die Schulen voneinander lernen. Dabei ist eine wissenschaftliche Begleitung durch unabhängige Forschungsinstitute oder Stiftungen unerlässlich, um eine ideologische Überwölbung in der Bewertung zu verhindern und tatsächlich auf nachvollziehbare Indikatoren zur Erfolgsmessung setzen zu können.

5. Lehrkräfteausbildung muss flexibler und durchlässiger werden

Der Schlüssel für einen gelungenen Unterricht ist die Lehrkraft. Wie vor allem die bekannte Arbeit von John Hattie „sichtbar“ gemacht hat, beeinflusst nichts den Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern so sehr wie eine fähige Lehrerin oder ein motivierter Lehrer. Damit das deutsche Bildungssystem zurück auf die Erfolgsspur kommt, muss die Lehrkräfteausbildung gestärkt werden. Das drängendste Problem ist dabei der Mangel an engagierten und qualifizierten Persönlichkeiten, die den Lehrberuf als Berufung verstehen. Er zeigt sich vor allem, wenn man nach Region und Fach ausdifferenziert. Die Politik, die das Problem viel zu lange verschlafen hat, musste mit Quer- und Seiteneinsteigern gegensteuern. Dabei zeigen die Modellrechnungen der Kultusministerkonferenz deutlich: Ohne einen grundsätzlichen Kurswechsel wird die Schere zwischen Bedarf und Angebot an Lehrkräften bis 2030 weiter auseinandergehen. Sicher ist: Dem Mangel an Lehrkräften darf nicht durch eine Senkung des Ausbildungsniveaus begegnet werden. Genau das Gegenteil ist erfolgversprechend. Die Lehrerausbildung muss hochwertig bleiben, aber flexibler werden. Ein Drei-Wege-Modell öffnet den Lehrerberuf für bislang zu wenig beachtete Talente.

Der Klassiker in der Lehrerausbildung sieht wie folgt aus: Junge Menschen entscheiden sich für das Lehramtsstudium und absolvieren Staatsexamen und Referendariat innerhalb eines rund fünfjährigen Studiums, das neben zwei Fächern auch didaktische Module beinhaltet. In der Zukunft wird das Lehramtsstudium zum Dualen Studiengang, der bereits von Anfang an praktische Module an Schulen oder sogar Unternehmen beinhaltet. Wie in den bereits etablierten dualen Studiengängen anderer Studienrichtungen ist es auch für das Lehramt sinnvoll, wenn praktische Ausbildung vor Ort und theoretische Reflexion an den Hochschulen von Anfang an eng verzahnt würden. Die Erfahrungen dualer Hochschulen für andere Fächer können für duale pädagogische Hochschulen genutzt werden.

Für exzellente Studierende eines Fachs, die sich zu Anfang ihres Studiums noch gegen das Lehramt entschieden haben, sollte außerdem ein zweiter Weg in Form eines „Fast Tracks“ geschaffen werden. Wer hervorragende Noten im Master oder gar der Promotion mitbringt, muss die Möglichkeit haben, in einem konzentrierten Ausbildungsprogramm die Lehramtsqualifikation zu erwerben und einen leichteren Einstieg in den Lehrerberuf zu finden. Ein Vorbild können hier die britischen „Teacher Training Programmes“ für Postgraduierte sein. Schlussendlich muss es einen dritten Weg für Quereinsteigerinnen und -einsteiger geben. Zurzeit haben diese Lehrkräfte kaum eine Chance, im Verlauf ihrer Karriere denjenigen gleichgestellt zu werden, die sich bereits in jungen Jahren für das Lehramtsstudium entschieden haben. Auch wer erst später seine Berufung erkennt, muss durch ein angemessenes Teilzeitstudienprogramm und entsprechende Fortbildungskurse zur regulären Lehrkraft mit allen beruflichen Möglichkeiten werden können.

6. Karriere machen als Spitzenlehrkraft

Wer den klassischen Weg von Studium, Staatsexamen und Referendariat geht, wird mit einem gut bezahlten und sicheren Job belohnt. Doch weitere Aufstiegsmöglichkeiten für Lehrkräfte sind begrenzt, Gehaltserhöhungen richten sich vor allem nach dem Dienstalter und weniger nach Einsatz und Kompetenz. Ein erstklassiges Bildungssystem braucht auch das beste Personal mit vielfältigen Talenten. Heute gilt: Wer als Lehrkraft „Karriere machen“ will, dem bleibt letztendlich nur die Schulleitung. Begeisterte Pädagoginnen und Pädagogen werden aber nicht im Selbstlauf erfolgreiche Schulmanagerinnen und Schulmanager. Deshalb muss es möglich sein, auch als Lehrkraft durch Fleiß, Talent und Unternehmergeist Karriere zu machen. Dabei geht es auch um eine Vorbildfunktion für junge Menschen, die gerade am Beispiel engagierter und damit beruflich erfolgreich vorankommender Lehrkräfte auch den Wert von Engagement, Risiko und Unternehmertum im schulischen Alltag (er)lernen können.

Es muss alles getan werden, um Lehrkräfte zu qualifizieren und mit attraktiven Arbeits- bedingungen zu motivieren. Dazu gehört ein modernes Fortbildungsprogramm, das Lehrerinnen und Lehrern ausreichend Zeit gibt, sich weiterzubilden. Neben den klassischen Seminaren gehört dazu auch ein Zeitbudget für gemeinsame Reflexionsrunden im Lehrerkollegium, um „best practices“ zu verankern. Besonders wichtig ist die stete Fortentwicklung von digitalen Kompetenzen. Nur so wird eine hybride Schule mit einer klugen Mischung von Präsenzunterricht und ergänzenden Online-Modulen gelingen. Das Karriereversprechen setzt plausible Entwicklungsmöglichkeiten voraus. Dies können entsprechende Stellen in den Kultusministerien und Schulbehörden sein oder aber besonders herausfordernde Aufgaben in den Schulen selbst. Schlussendlich bedarf es einer leistungsgerechten Bezahlung engagierter und erfolgreicher Lehrkräfte. Dieses Ziel ist angesichts von heterogenen Schulklassen sehr leicht gesagt, aber in der Praxis nur sehr schwer erreichbar. Hier ist vor allem die Führungsstärke der Schulleitungen gefragt. Sie hat die Ziele und Performanzindikatoren (KPIs) transparent und nachvollziehbar festzulegen und zur Grundlage von individuellen Leistungszulagen zu machen.

7. Schule wird hybrid

Es ist unklar, wie lange die Coronakrise den normalen Schulbetrieb noch verhindern wird. Doch bereits jetzt ist absehbar: Unterricht wird nicht wieder so sein wie vorher. Die Schule der Zukunft lässt sich nur noch als Hybrid denken, der das Klassenzimmer mit dem Cyberspace verknüpft. Doch die Digitalisierung ist nicht nur eine Frage von Tablets und WLAN. Software und Devices sind nur ein Hilfsmittel, mit dem Pädagoginnen und Pädagogen die Bildungsprozesse der Schülerinnen und Schüler unterstützen können. Daher müssen völlig neue Konzepte für eine hybride Schule entwickelt werden, die auch digitalfreie Räume im Kopf der Kinder und in der Schule schaffen. Angesichts der Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz ist eines absehbar: Der technische Fortschritt, beispielsweise im Bereich der Learning Analytics Software, ist rasend schnell und bietet große Chancen, Lernprozesse noch individueller zu gestalten. Das passt angesichts weitergehender Vielfalt in zunehmend heterogenen Klassen. Künstliche Intelligenz wird menschliche ergänzen und im Zusammenwirken Lehrkräften erlauben, höhere Ansprüche an Individualität des Unterrichts passgenau erfüllen zu können.

Die hybride Schule braucht ein starkes Fundament. Ohne eine moderne technische Ausstattung geht es nicht. Insbesondere Schülerinnen und Schüler, die keinen Zugriff auf entsprechende Endgeräte haben, müssen schnell und unbürokratisch versorgt werden, damit sie nicht den Anschluss verlieren. Lehrkräfte müssen im Einsatz mit digitalen Lehrmitteln geschult sein, sonst hilft auch ein hochauflösendes Tablet nichts. Deswegen braucht es eine Kompetenzoffensive IT. Sie soll Lehrerinnen und Lehrer schnell dazu befähigen, auch das digitale Distanzlernen kompetent durchzuführen. Doch auch klassische Kulturtechniken wie die Handschrift oder das Lernen einer fremden Sprache haben auch und gerade ihren Platz im 21. Jahrhundert.

8. Digitaler Unterricht muss verpflichtend sein

Die hybride Schule ist kein Konzept für die ferne Zukunft, sondern muss bis zum nächsten Schuljahr umgesetzt werden. Auch wenn es vielen Lehrkräften in den ersten Monaten der Coronakrise mit viel Engagement gelungen ist, einen minimalen Lehr- und Lernbetrieb aufrecht zu erhalten, so hat sich trotzdem bereits die Bildungsungerechtigkeit vergrößert. Viele Schülerinnen und Schüler weisen immer größere Lücken auf; gleichzeitig ist die Belastung für Eltern nicht mehr zu tragen. Deshalb ist es nun wichtig, vor allem die digitale Seite des Unterrichts massiv auszubauen.

Der digitale Unterricht muss verpflichtend sein. Dazu müssen die Bundesländer Datenschutzkonzepte vorlegen, die sich in der Praxis auch umsetzen lassen und die die Lehrkräfte aus der rechtlichen Grauzone befreit – denn dass Lehrerinnen und Lehrer für den Einsatz digitaler Lehrformate sogar bestraft werden, kann nicht sein. Außerdem müssen schnell Endgeräte bereitgestellt werden, damit insbesondere die Lehrkräfte nicht auf ihre privaten Geräte angewiesen sind. Gleichzeitig stellt der digitale Unterricht neue Forderungen an die Lehrkräfte. Sie müssen daher mit entsprechenden praxisnahen Fortbildungen unterstützt und von anderen Aufgaben durch Bürokratieabbau entlastet werden.

9. Das Potenzial des „EdTech“-Marktes nutzen

Das Ökosystem Schule lebt von innovativen Bildungstechnologien. Eine besondere Herausforderung der Zukunft ist es daher, ein Umfeld für privatwirtschaftliche Initiativen zu schaffen, ohne dabei die staatliche Bildungshoheit zu kompromittieren. Die Innovationskraft der freien Wirtschaft, gerade auch im Bereich der Bildungstechnologien („EdTech“), bietet große Chancen, um auf die Stärken und Schwächen eines jeden Kindes individuell einzugehen und Bildungsungerechtigkeiten zu vermindern.

Schon jetzt zeigt sich, dass kleine und mittelständische Unternehmen bessere Schulsoftware bereitstellen, als es der Staat könnte. Nötig sind dafür klare staatliche Vorgaben z.B. über White-Lists und Datenschutzregeln, anhand derer sich private Unternehmen orientieren können. Schulen müssen dann selbst auswählen können, welche Hard- und Softwarelösungen für ihre Bedürfnisse am besten geeignet sind. Besonders wichtig sind dabei auch offene Schnittstellen, damit es nicht zu innovationshemmenden „lock in“-Effekten kommt. Es versteht sich von selbst, dass Software nie die Lehrkraft ersetzen kann. Im Gegenteil: Ein sinnvoller Einsatz von Bildungstechnologien gelingt nur, wenn die Pädagoginnen und Pädagogen selbst vom Nutzen neuer Methoden und Verfahren überzeugt sind. Im Idealfall entlastet die Technologie die Lehrkräfte beispielsweise bei der reinen Wissensvermittlung und schafft mehr Raum für die Kernaufgaben wie Charakterentwicklung und Persönlichkeitsbildung.

10. Resilienz als Bildungsziel!

Um sich im 21. Jahrhundert als mündige Staatsbürgerin und mündiger Staatsbürger zu bewegen, braucht es neue Kompetenzen. Dazu gehört die Fähigkeit, mit Komplexität umzugehen, ebenso wie das Aushalten von Widersprüchen und der Umgang mit unterschiedlichsten Blickwinkeln. Megatrends wie Digitalisierung, Globalisierung und eine neue Arbeitswelt erfordern ein hohes Maß an Flexibilität und Kreativität sowie die ständige Bereitschaft, sich auf Neues einzustellen. Am besten lassen sich diese Anforderungen unter den Begriff der Resilienz subsumieren. Ein gutes Bildungssystem hilft bei der Herausbildung von starken und freien Persönlichkeiten, die mit den Herausforderungen einer offenen Zukunft umgehen können.

„Resilienz“ – also das Erlernen und Stärken der Fähigkeit, sachgerecht auf Veränderungen zu reagieren – muss ein wichtiger Teil der Bildungsagenda werden. Schülerinnen und Schüler sollten die Fähigkeiten entwickeln, mit Risiko und einer offenen Zukunft umzugehen. Junge, aber eigentlich auch Ältere ein ganzes Leben lang, sollen ermächtigt und ermutigt werden, sich wandelnden Gegebenheiten anzupassen und mit neuen Technologien zweckmäßig umzugehen. Für eine Vermittlung von Strategien, wie mit Unsicherheit und Ungewissheit umzugehen ist, bieten sich Kooperationen mit der Wirtschaft sowie unabhängigen Fortbildungsinstituten an. Ebenso ließe sich unternehmerisches Denken in der Ausbildung der Lehrkräfte verankern. So könnten engagierte Lehrkräfte mit den Fähigkeiten ausgestattet werden, kreative Ideen auch in der Praxis und dem schulischen Alltag umzusetzen.

11. Wettbewerb der Schulen stärken

Es gibt nicht die Otto-Normal-Schule und auch nicht den Schulleiter Dr. Reißbrett. Jede Schule kann selbst am besten entscheiden, welche Schwerpunkte sie setzt und wie sie am besten auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingehen kann. Was im Großstadtkiez hervorragend funktioniert, kann auf dem Land der falsche Weg sein. Und wer sagt, dass alte Sprachen nicht die beste Vorbereitung für die neue Arbeitswelt sind?

Eltern, Schüler, Lehrkräfte und Schulleitung sind alle gemeinsam die Stakeholder des allgemeinen Bildungssystems. Um unterschiedliche Erwartungshaltungen abbilden zu können, brauchen Schulen Freiräume für einen Wettbewerb der Ideen. Das gilt für staatliche Schulen wie für solche in freier Trägerschaft. Beide müssen gleichbehandelt werden. Eine konsequente Umsetzung des Sonderungsverbotes aus Art 7 IV GG ist selbstverständlich. Auch staatliche Schulen sollten ein eigenes Budget bekommen und über Einstellungen selbst entscheiden können. Bildungsgutscheine geben dabei Eltern – und älteren Schülerinnen und Schülern selbst – die Möglichkeit, Bildungswege eigenverantwortlich zu beschreiten und innovative Schulen zu belohnen.

12. Unternehmertum, Eigentum und Risiko als Zukunftskompetenzen

Zu Unrecht wird Wilhelm von Humboldt zu oft als vergeistigter Vertreter eines verstaubten Gelehrtentums gesehen und auf die Einheit von Lehre und Forschung reduziert. Denn das unternehmerische Denken und Handeln war für Humboldt ein ebenso wichtiger Bestandteil seines Bildungsideals: „Auch wächst die Idee des Eigenthums nur mit der Idee der Freiheit, und gerade die am meisten energische Thätigkeit danken wir dem Gefühle des Eigenthums“ betonte Humboldt den Zusammenhang von Bildung, Freiheit und Unternehmertum.

Das Bildungssystem, und insbesondere die Schulen, müssen sich daher an den zentralen Kompetenzen des 21. Jahrhunderts orientieren. Die Ideen der Aufklärung bleiben präsent, denn sowohl Kritikfähigkeit, als auch die Fähigkeiten des kritischen Denkens sind 200 Jahre nach Königsberg heute genauso die zentralen Kompetenzen eines mündigen Bürgers und einer mündigen Bürgerin. Entscheidend ist der Umgang mit Risiko und, damit eng verbunden, der Umgang mit Scheitern. Ein gutes Bildungssystem darf nicht auf glatte Bildungspfade und nahtlose Übergänge setzen. Denn oft ist die Möglichkeit des Scheiterns Grundvoraussetzung für Erfolg. Wie zuletzt die ICILS-Studie gezeigt hat, ist der Umgang mit Digitalisierung und die sogenannte digital literacy ebenfalls eine Kernkompetenz des 21. Jahrhunderts. Wissen und Kenntnisse sind die notwendige, aber keinesfalls hinreichende Grundlage, um diese Kompetenzen zu erreichen. Gerade die zentrale Bedeutung der Persönlichkeitsbildung unterstreicht die besondere Rolle des Pädagogen auch und gerade im Zeitalter digitaler Bildungstechnologien.